SOMMERMÄRCHEN-Sequel – Tag 15

Juni 28, 2024

SPIELPAUSE
 
Ditt und Datt
 
RANDALE – Hielt sich offenbar in Grenzen. Mitbekommen habe ich nur zweieinhalberlei: In Gelsenkirchen haben sich Serben und Engländer gegenseitig die Fressen poliert. Am Marienplatz in München gab es serbische Ausschreitungen, mit Folge eines robusten Vorgehens der Polizei. Die türkischen Pfiffe gegen Georgien bei deren Hymne und jedem Ballkontakt werte ich als Dummheit aber nicht als Randale. Zudem gab es viele türkische Fans, denen das Gebaren ihrer Landsleute peinlich war. In den Folgespielen der türkischen Mannschaft gab’s auch deutlich Besserung.
 
HYMNEN – Was soll das dümmliche zur Schau stellen des Hymnenmitgrölens seitens der Spieler? Früher war sicher nicht alles besser, vermtulich sogar kaum etwas, das aber schon. Da haben die Kicker der meisten Nationen beim Abspielen die Klappe gehalten und stoisch vor sich hingeglotzt. Wer den Anschein des Mitsingens erweckte, galt als Streber oder Nationalist. Irgendwann ab Mitte 80er begann das zu kippen. Jetzt blöken alle mit. Die rühmlichen Ausnahmen, die mir aufgefallen sind: Granit Xhaka, Denis Zakaria, Ricardo Rodriguez (Schweiz), Kevin De Bruyne (Belgien), Marko Arnautovic (Österreich), Ousmane Dembelé (Frankreich, wobei der so bedröppelt dreinschaute, als hätte er den Text vergessen) und alle Spanier. Letztere zu rühmen ist allerdings billig, da deren Hymne bloss aus Melodie besteht.
Fast alle Texte von Nationalhymnen sind altbackener, bluttriefender, gemetzelverherrlichender Arschkram. Überhöhung der eigenen Nation. Heldengeschwafel. Revanchismus. Verklärung der Natur, der Heimat und der Vergangenheit. Untertanengehabe durch Königs-, Fürsten-, Herrscherverehrung. Erbitten von prioritärer göttlicher Sonderbehandlung. Und all so’n Scheiss.
Der Ausnahmen gibt es wenige. Der Song der Schweiz ist naturschwelgendes Gottesgepreise, kommt aber ohne jeglichen Blut und Boden Quatsch und Todes- und Heldenromantik aus. Besser macht es Georgien. Gott ist da nur Beiwerk, primär geht es um Freiheit und Zukunft. Tschechien besingt ausschliesslich die Schönheit der Heimat, ganz ohne göttlichen Schnickschnack. Sloweniens Text ist eine Ode an den Rebensaft, ein Sauflied, bei dem auf alles mögliche angestossen wird. Natürlich auch auf Heimat und den üblichen Kram, aber nicht nur. Gegen Ende scheint der Suff Weltfrieden fördern zu können: Es leben alle Völker // die sehnend warten auf den Tag // daß unter dieser Sonne // die Welt dem alten Streit entsag! // Frei sei dann jedermann, // nicht Feind, nur Nachbar mehr fortan!
Aber inhaltlich die beste Hymne ist die spanische, ganz ohne Text.
 
SCHIRIS – Solide. Gibt nicht wirklich viel zu meckern. Kein Spiel wurde wirklich verpfiffen. Einzig im allerletzten Gruppenspiel machte der Rumänische Schiedsrichter Kovacs spielenscheidende Fehler. Schon in der 20sten dem Tschechen Barak gelbrot zu geben, war regeltechnisch vertretbar, zeugt aber von wenig Fingerspitzengefühl in der Frühphase. Bei konsequenter Linie hätte dann auch der Türke Yildiz vom Platz fliegen müssen. So spielten die Tschechen 70 Minuten in Unterzahl. Noch schwerwiegender war allerdings der Pfiff vor dem vermeintlichen 2-1 der Tschechen in der 80sten. Angeblich Stürmerfoul an der Strafraumgrenze. In der Wiederholung aus der Gegenperspektive ist aber klar erkennbar, dass a) kein Foul vorliegt, da der türkische Verteidiger in den Tschechen hineinspringt und von diesem zweikampfgerecht mehr abprallt als gestossen wird, b) der Türke vor dem Abprall den Ball zudem mit der Hand spielt und c) der andere Verteidiger im 16er auf den Ball fällt und den dabei mit der Hand wegstösst. Also hätte es geben müssen entweder a) Tor Tschechien, b) Elfmeter Tschechien oder zumindest c) Freistoss an der Straframgrenze Tschechien. Der Rest der Entscheidungen, inklusive Karten, war ok. Die Türken hätten sogar 1 bis 2 mehr verdient.
 
FC ST. PAULI – Hat endlich mit Alexander Blessin einen neuen Trainer. Toi toi toi.